Holzfeuerungen erzeugen Feinstaub und gelten deshalb als klimaschädlich. Tatsächlich sind die Feinstaubemissionen hoch, doch deshalb muss niemand seinen Kamin rausschmeißen.

Interview aus dem Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben, von Kevin Schlotmann

Herr Dr. Gerstner, das Klimaschutzgesetz macht Druck und schreibt eine Treibhausgasneutralität bis 2045 vor. Bedeutet das das Ende der Holzfeuerstätte?
Nein, wir werden den Ofen nicht stilllegen müssen. Wärme aus Holz ist klimaneutral. Dieses Argument untermauern unter anderem das Deutsche Biomasse Forschungszentrum und das Fraunhofer-Institut. Wärme aus Holz ist die Ergänzung eines Energie-Mixes. Es geht in der Diskussion auch um die Luftreinhaltung. Hier ist die Branche gefordert.

Etwa ein Fünftel der Feinstaubemissionen stammen aus – meist privaten – Holzfeuerungen. Ist dieser Wert vertretbar und woran liegt das?
Zunächst einmal sind diese Daten Schätzungen des Umweltbundesamtes. Niemand kann genau sagen, wie viele Feuerstätten bundesweit installiert sind. Einige Werte sind sicherlich zu hoch gegriffen, nichtsdestotrotz sind die Feinstaubemissionen natürlich vorhanden. Wir als Branche müssen den Anteil senken und das haben wir in den zurückliegenden Jahren auch schon begonnen. Häufig werden aber relative Anteile betrachtet. Weil die Feinstaubemissionen insgesamt weniger werden, fallen unsere guten Ergebnisse oftmals nicht so auf. Uns kommt es aber vor allem auf die Reduktion der Emissionen an. Feinstaub ist das größte Problem. Aus diesem Grund sind wir gefordert, effizientere Feuerstätten zu bauen, die insgesamt weniger Abgase erzeugen.

Seit Jahren zwingen neue Emissionswerte den Verbraucher zu Modernisierungen und sogar zum Austausch der Feuerstätten. Ist dies die einzige Lösung, Emissionen zu senken?
Nein, und nur Austausch ist auch nicht immer nachhaltig. Zur Feuerstätte gehören auch der Schornstein sowie der Katalysator und Feinstaubabscheider. Wir müssen das ganze System betrachten. Wichtig sind inzwischen ein Bestandsschutz und die Möglichkeit, Technik nachrüsten zu dürfen, bevor der Ofen „abgeschrieben“ wird.

Zwar gibt es für den Austausch und die Modernisierung von Zentralheizkesseln Fördermittel, aber Kritiker halten diese für eine Abwrackpärmie. Wem helfen diese Programme wirklich: dem Verbraucher oder der Herstellerindustrie?
Der Holzofen ist sicherlich nicht immer die alleinige Lösung, aber grundsätzlich eine sinnvolle Ergänzung. Im Rahmen der Wärmewende macht es insgesamt Sinn, das vorhandene Heizsystem einmal zu hinterfragen. Dabei sollte man aber das Gesetz des Örtlichen nicht außer Acht lassen. Ein mehrgeschossiges Wohngebäude in der Innenstadt von Gütersloh ist nicht mit einem Resthof in einer Bauerschaft im Münsterland vergleichbar. Zudem ist nicht für jeden Verbraucher die gleiche Technik geeignet. Das beginnt mit der Verfügbarkeit des Brennstoffes und hängt auch davon ab, ob Verbraucher – trotz Förderung – die nötigen Eigenanteile bei der Neuanschaffung einer Heizanlage überhaupt tragen können. Wie so oft reicht es nicht aus, „nur“ mit Fördergelder zu winken.

Ähnlich wie beim Auto gibt es inzwischen auch Katalysatoren für Einzelraumfeuerstätten. Sind diese praxisreif?
Ja, und auch bezahlbar. Sie mindern viele Emissionen wie beispielweise Kohlenstoffmonoxid, aber nur bedingt Feinstaub. Deshalb sind für uns Kombinationen aus Katalysator und Staubabscheider sinnvoller. Auch die Kosten einer Kombi aus beiden sind überschaubar und reichen in der Regel nicht an die Anschaffungskosten zum Beispiel eines Kaminofens heran. Katalysator und Staubabscheider in Kombination reduzieren Emissionen wirksam.

Wo liegen aus Ihrer Sicht die Vor- und Nachteiler dieser Katalysatoren?
Je nach Aufwand werden seltene Edelmetalle benötigt, die nicht immer unter den Bedingungen abgebaut werden, die wir uns wünschen. Zudem benötigen Katalysatoren und Staubabscheider eine gewisse Wartung. Die Entsorgung ist entgegen vieler Meinung kein ökologisches Problem – auch hierüber gibt es Studien. Die Vorteile für Umwelt- und Klimaschutz überwiegen aber deutlich.

Warum sind diese Techniken nur „weitmaschig“ verbreitet?
Wir müssem die Verbreitung tatsächlich deutlich vorantreiben und mehr informieren. Viele Kunden wissen gar nicht, dass es die genannten emissionsmindernden Techniken gibt. Am Ende entscheidet aber der Verbraucher. Es gibt schon jetzt Feuerstätten, die die Umweltauflagen des „Blauen Engels“ erfüllen. Trotzdem zählen sie nicht zu den „Bestsellern“ Ähnlich wie beim Fleischkonsum driften auch hier Wunsch und Wirklichkeit auseinander.
Wir werben für die Technik, fordern aber bewusst keine politische Regulierung. Klar ist: Je größer die Nachfrage, desto preiswerter werden Katalysator und Co. Eine Förderung für emissionsmindernde Maßnahmen könnte zusätzliche Anreize schaffen.

Viele Öfen verfügen über keinerlei technische Hilfsmittel. Warum ist das so?
Der Nutzer ist nach unserer Ansicht für gut die Hälfte der Emissionen verantwortlich. Die Gründe sind sehr unterschiedlich: zu feuchtes Holz, zu wenig Verbrennungsluft und vieles mehr. Richtig heizen kann man aber lernen, zum Beispiel in Seminaren und mithilfe von Videos oder Kurzanleitungen. Vielfach würde es genügen, alte Gewohnheiten abzustellen, beispielweise mit zu viel Holz zu heizen oder es von oben statt unten anzuzünden. Wir müssen mehr Akzeptanz für saubere Verbrennung schaffen.

Schauen wir auf den Rohstoff Holz. Sinkende Vorräte treffen auf eine immer größere Nachfrage. Kurz gesagt, geht uns das Brennholz aus?
Wir konkurrieren mit anderen Branchen um den Rohstoff Holz, die sicherlich eine höhere Wertschöpfung erzielen als wir. Grundsätzlich muss keine schlanke und fehlerfreie Buche zu Scheiten verarbeitet werden. Hier gibt es sicherlich geeignetere Sortimente, wie Kronenhölzer und Ähnliches. So gesehen werden wir uns vielleicht von der gewohnten Holzqualität verabschieden müssen, was nicht bedeutet, dass die Qualität der Scheite sinkt.
Es gibt tatsächlich Überlegungen, Scheite aus Resthölzern herzustellen – entsprechend einer Kaskadennutzung. Der Abbrand erfordert aber höhere Temperaturen und damit andere Öfen. Insofern hat das gute Holzscheit nicht ausgedient.

Dr. Johannes R. Gerstner
Interessenvertreter der Europäische Feuerstätten Arbeitsgemeinschaft e.V.