(Quelle: Kachelofen & Kamin, Ausgabe 11/2020)

Das Umweltbundesamt, die Deutsche Umwelthilfe und das DBFZ sprachen über die Zukunft der Holzwärme – eingeladen hatten Die Rote, die EFA und weitere Verbände.

Eigentlich war alles ganz anders geplant – wie so Vieles in diesem Corona-Jahr. Die Branche wollte sich nach der überstandenen Pandemie in Leipzig zu einem großen Hallo wiedertreffen. Eingeladen hatten der Zentralverband Sanitär Heizung und Klima (ZVSHK), der Industrieverband Europäische Feuerstätten Arbeitsgemeinschaft (EFA) und der Handwerksverband 850Grad. Das Deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ) wollte sein Haus öffnen, wie es das schon für den Zukunftsworkshop im Januar getan hatte. Was dann gekommen ist, wissen wir alle. Zunächst wurde die Teilnehmerzahl massiv beschränkt, schließlich musste die Veranstaltung komplett abgesagt werden. Ersatz war ein Gespräch, das wir hier für Sie dokumentiert haben.

Durch das Online-Gespräch führte Jens Fischer von der „Roten“ als langjähriger Beobachter der Branche zusammen mit Co-Moderator Dr. Johannes R. Gerstner, Interessenvertreter der Europäischen Arbeitsgemeinschaft (EFA) – er hatte die Idee zu dem Gespräch und die Diskutanten zusammengerufen. Zu diesen gehörten Ute Dauert, Leiterin des Fachgebiets zur Beurteilung der Luftqualität beim UBA, Patrick Huth, Projektmanager Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH, und Dr. Ingo Hartmann, Leiter des Forschungsschwerpunkts Katalytische Emissionsminderung am DBFZ.

Das Gespräch begann wie jedes Gespräch im Moment, mit dem aktuell alles bestimmenden Thema Corona. Genauer: Hat Corona die Diskussion um Feinstaub abgelöst? Spielt angesichts einer weltweiten Pandemie Feinstaub überhaupt noch eine Rolle?
Die Antwort aller Diskutanten, das ist wenig überraschend, zeigt: Ja, Feinstaub hat an Brisanz kaum etwas verloren, auch dadurch nicht, dass es als Thema aus der aktuellen Berichterstattung fast komplett verschwunden ist. Wobei, das wendete Patrick Huth von der DUH zurecht ein, Feinstaub gilt als Risikofaktor für einen schweren Verlauf von Covid-19. Eine aktuelle Studie schätzt, dass etwa ein Viertel aller Corona-Todesfälle in Deutschland durch Feinstaub mitverursacht sein könnten. Er weist auf die belastbare Studienlage hin, dass Feinstaub die Immunabwehr insgesamt schwächt. Aus Sicht der DUH ist jedoch die Holzfeuerung (u.a. aufgrund der Partikelgröße, der Black Carbon-Emissionen und sekundärer Partikelbildung) eine entscheidende Quelle.

Ute Dauert vom Umweltbundesamt bestätigte den wichtigen Anteil der Holzfeuerung am Gesamtfeinstaubaufkommen und wies drauf hin, dass dieser wächst. Zwar nicht absolut, sondern relativ, aber dennoch prominent. Aktuelle Statistiken, die in ihrem Haus angefertigt wurden, bestätigen das. Der Verkehr dominiert die Statistik nicht mehr, die Holzfeuerung arbeitet sich immer weiter an die Spitze der Statistik vor. Dadurch, dass der Verkehr und die Industrie immer mehr an Bedeutung verlieren, verschiebt sich auch das Augenmerk der Behörden. Es wird mehr Messstationen in Siedlungsräumen geben. Der Druck auf die häusliche Holzfeuerung erhöht sich. Ute Dauert bestätigte allerdings auch: Statistiken sind in diesem Fall Berechnungen nach Modellen und nicht Ergebnis flächendeckender Messungen. Zwar versucht man, sich der Realität so weit wie möglich anzunähern, aber ganz kann das nicht gelingen.

Ingo Hartmann wies auf einen für ihn sehr wichtigen Punkt hin: Es gibt viele auch ökologische Vorteile der Holzfeuerung, auf die wir nicht verzichten können. Um so wichtiger ist es, die negativen Effekte zu verringern, um Holzfeuerung als verlässlichen Anteil an der Energiewende zu platzieren. Allerdings werden wir wahrscheinlich langfristig auch mit Corona leben müssen. Dazu zählt der Wissenschaftler nicht nur die unmittelbaren gesundheitlichen Folgen, er befürchtet auch langfristige soziale und vor allem wirtschaftliche Effekte. Bereits jetzt werden Forschungsvorhaben für notwendige Emissionsminderungen verzögert oder erschwert, es ist wahrscheinlich, dass Forschungs- und Entwicklungsgelder in Zukunft weniger werden. Die Holzfeuerung könnte es damit schwerer haben, sich als sinnvolle und ökologische Wärmealternative zu positionieren. Diese Entwicklung gilt es unbedingt aufzuhalten.

Nicht nur die Moderatoren fragten sich an dieser Stelle: schlechte Zeiten für die Holzwärme? Waren alle Anstrengungen der Branche bislang umsonst? Werden die Anstrengungen überhaupt registriert und honoriert?

Alle Diskutanten sahen, dass sich die Branche bewegt. Patrick Huth hob besonders den sich seit einiger Zeit gut entwickelnden Dialog mit der Branche hervor. Von der Branche veranstaltete Workshops und andere Formate helfen, gemeinsam die Probleme zu benennen und Lösungen zu finden. Das ist ein wichtiges Signal in die Branche. Damit sich die Holzfeuerung als wichtige Alternative für die Wärmegewinnung positionieren kann, ist aber dringend eine Diskussion zur Klimabilanz der Holzfeuerung aufzugreifen (Stichwort: Black Carbon) – nur so können positive Efffekte bestehen bleiben. Entwicklungsarbeit ist gefragt – dazu würden wir im Gespräch noch kommen.

Entwicklung ist aber auch das Stichwort für das nächste Problem. Huth sieht weniger ein Problem im Fehlen effektiver Minderungstechnologien, sondern vielmehr ein Problem in der Marktdurchdringung. Denn Technologien sind da, sie werden nur zu wenig von der Industrie forciert. Allerdings, auch das erkennt er an: Ein konstruktiver Weg der meisten Branchenteilnehmer und Verbände beim Blauen Engel zeigt, dass es wachsenden Veränderungswillen gibt. Diesen gelte es zu unterstützen. Das unterstrich auch Ingo Hartmann. Er wünscht sich, dass die Branche bei der davon betroffenen Feuerstätten-Art, den Kaminöfen, endlich eine gemeinsame Position zum Blauen Engel findet. Ihn ärgert, dass bisweilen immer wieder Einzelne auf die Argumentationen von teilweise noch vor Beginn des Prozesses der Erarbeitung des Blauen Engels zurückfallen. Für die Politik sei das ein verheerendes Zeichen. Die Branche wird als unbelehrbar wahrgenommen, man läuft Gefahr, das soeben erst gewonnene Vertrauen zu verspielen. Er riet dazu, die Stärken der eigenen Technologie zu erkennen: Regenerative Wärme, die im Gesamtverbund ökologisch  sehr sinnvoll ist. Um dies jedoch auch wirklich im Bewusstsein der Politik und Öffentlichkeit zu verankern, müsse man zeigen, dass man es mit der Emissionsminderung ernst meint.

Aber wie sollen denn diese Minderungsmaßnahmen aussehen? Verbote und Gängeleien der Verbraucher? Das fragten die Moderatoren – und Ingo Hartmann antwortete deutlich. Verbote bringen niemanden weiter, so seine feste Meinung. Es sind Anreize, die hier Erfolge zeigen werden. Marktanreize für wirksame technologische Maßnahmen ebenso, wie Konzepte für den Nutzer. Ihm schweben Lösungen vor, die ganz nach dem Muster bekannter Fitness-Apps funktionieren. Dem Nutzer wird gezeigt, wie er heizt und wie er damit im Vergleich zu anderen steht. Es gibt dazu auch erste Gespräche zwischen dem renommierten Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem DBFZ und der EFA, um ein passendes Projekt auf die Beine zu stellen. Die Motivation ist groß. Auch Ute Dauert bestätigte, dass Apps in anderen Bereichen durchaus wirksam sind. Als Beispiel nannte sie die Luftqualitäts-App des UBA – anfangs rechnete ihr Haus mit etwa 5.000 Nutzern, schließlich sind daraus gut über 100.000 geworden.

Auch Patrick Huth setzt auf Anreize, spricht sich aber zugleich klar für strengere gesetzliche Anforderungen aus. Eine weitere Analogie zum Verkehr: Ingo Hartmann weist als Fachmann darauf hin, dass Katalysatortechnik noch nicht ausgereizt ist. Gerade kondensierbare Bestandteile könne man durch Katalysatoren gut reduzieren, auch Stickoxide würden vermieden. Diese würden häufig kaum beachtet, führten aber auch zu sogenannten sekundären Partikeln als unerwünschte Emissionen. Insgesamt sollte man auch weitere Hebel zur Feinstaubreduzierung nutzen. Quick-User-Guides etwa für den Nutzer, leicht ablesbare Sensoren zur Schadstoffmessung mit Ampelanzeige oder die Messung des Brennstoffverbrauchs.

Die Zeit drängt jedoch, darauf wies Ute Dauert hin. Die Weltgesundheitsorganisation WHO überarbeitet aktuell ihre Empfehlungen zur Luftqualität. Eine deutliche Absenkung der WHO-Schwellenwerte, die Grundlage der zu verhandelnden Grenzwerte sind, wird erwartet. Und, das weiß sie aus eigenen Beratungen zwischen den Ministerien, diese Senkung wird auch Folgen für die Luftreinhaltepolitik in Deutschland haben. Nachdem nun die Spitzen erfolgreich bekämpft wurden – es gab in diesem Jahr in ganz Deutschland keinen einzigen gemessenen Feinstaubverstoß –, geht es nun darum, generell die Belastung weiter zu drücken. Wir haben, das sagte sie deutlich, den Feinstaub in Bezug auf die geltenden Grenzwerte in Deutschland im Griff. Aber eine weitere Absenkung sei notwendig, um die Risiken generell zu senken. Denn auch bei niedrigen Belastungen entstünden gesundheitliche Risiken. Die derzeit geltenden Empfehlungen der WHO werden vielfach nicht eingehalten, und damit besteht für viele Menschen in Deutschland ein Gesundheitsrisiko.
Quellen würden in der Fläche überwacht werden müssen, auch hier fiel wieder das Wort „Siedlungsnähe“. Bei all den Überlegungen müsse aber eines klar sein: Es würden nicht nur gesundheitliche Aspekte zu berücksichtigen sein, sondern auch wirtschaftliche und soziale.
Hier hakte Ingo Hartmann ein: Die Wirtschaft müsse eine Perspektive bekommen, Anstrengungen zur Emissionsminderung müssen honoriert werden. Die gibt es und nun geht es darum, dass branchenweit das Umdenken weiter voranschreitet. Johannes Gerstner als Moderator wendete ein: Es gibt noch eine ganze Reihe unentschiedener Marktakteure, die abwarten und dabei große Unsicherheit verspüren. Diese gilt es, zu überzeugen. Eine aggressive Leugnungspolitik bringt keinen mehr weiter. Das bekräftigten sowohl Ute Dauert vom UBA als auch Patrick Huth von der DUH deutlich. Der Blaue Engel ist ein Symbol und eine Basis eines gemeinsamen Weges. Ohne geht es nicht.
Bei all den Problemen und Gesundheitsrisiken: Geht es denn ohne Holzwärme? Diese Frage stand im Raum. Theoretisch: Ja. Praktisch? Nein. Patrick Huth von der DUH sieht eine sehr deutliche Zukunft für die Holzwärme. Holzfeuerung kann fossile Brennstoffe ersetzen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Brennstoff Holz aus einer nachhaltigen Quelle stammt, effizient genutzt und wirksame Emissionsminderungstechnik eingesetzt wird. Holzwärme ist ein wichtiger Baustein für unsere Zielwerte für erneuerbare Energie im Jahr 2030. Er sieht gerade die Kombination von Holzfeuerung mit anderen Technologien als Chance. Zumal der Plan noch recht vage ist, wie das 2030-Ziel für Wärme aus erneuerbarer Energie konkret geschafft werden soll. Klar ist, dass Alternativen wie Wärmepumpen massiv ausgebaut werden müssen, da die Holzmenge begrenzt ist.
Denn für die Zukunft wird Förderung einer der Haupthebel sein. Ingo Hartmann bedauert, dass Holz im Vergleich zu Strom einfach nicht „sexy“ genug ist. Das E-Auto gewinnt gegenüber dem Ofen. Johannes Gerstner wendete ein, dass ja bei einer gesamten Klimastrategie die Politik eigentlich froh sein müsste, wenn der Strom nicht für Wärmeerzeugung, sondern für Mobilität verwendet werden würde. Denn Wasserstoff als Zukunftswundermittel sei ja lediglich Energieträger, keine Quelle. Und dieser Träger müsse ja irgendwie mit regenerativer Elektrizität geladen werden, um grün zu sein. Über all dem, das stellte Ute Dauert noch einmal deutlich fest, muss aber eines stehen: Wir müssen die Menschen mitnehmen. Wir müssen ihnen sagen, wie es geht. Den Unternehmen müssen wir benennen, wie Emissionsminderung marktgerecht aussehen kann und den Nutzern, wie sie emissionsarm heizen können.

Das Ergebnis des Gruppengesprächs?
Ja, eine Zukunft für die Holzfeuerung gibt es. Egal ob für den Kaminofen oder den handwerklich gesetzten Ofen. Aber eines ist klar: Die Branche muss sich bewegen und sich authentisch um Emissionsminderung kümmern. Johannes Gerstner machte abschließend klar: Wer Verständnis für seine Situation möchte, muss auch die Perspektive anderer einnehmen können.

Die Zukunft wird anstrengend – aber es gibt auch Partner. Das Gespräch und der Austausch, da waren sich alle einig, wird hiermit nicht aufhören.
Es wird der Anfang sein.